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Garmisch-Gardasee

Tag 15: Malga Bordolona di Sopra - Terzolas

Unglaublich schlecht hab ich geschlafen. Die Erlebnisse des Gewitters beschäftigen mich sehr. Müde und morsch steigen wir Richtung Grat auf. Einmal ein bisschen Högner-Feeling dachte ich mir bei der Planung und verband alle Gipfel bis Terzolas miteinander. Das Ergebnis aus KPI-Sicht (Höhenmeter, Kilometer, Anteil Pfad/Schotterweg, zu laufende Stunden) stimmte mich positiv. Die Zahlenbasis sagte einen machbaren Tag mit traumhaften Ausblicken voraus. Doch es kam anders. Als alle rüstigen italienischen Renter rechts abbogen, sprach unser Faktentraum links. Schnell stellten wir fest, dass es sich hier nicht um einen Weg (wie in der Karte eingezeichnet) handelte, sondern eher um in  Geröll und Wiesenmatsch geschmissene Markierungen. Es ist fast erstaunlich, dass diese mit bleibender Farbe und nicht mit Kindermalkreide angebracht wurden. Noch motiviert setzen wir uns auf die ersten Felsen des Grats und sondieren die Lage per geschultem Vergleich von Peakfinder und Alpenvereinaktiv-App. Wir stellen zu unserem Entsetzen fest, dass unsere Gratwanderung alle Bergkanten und alle Gipfel, die wir sehen, beinhaltet und wir dann erst 1/3 geschafft haben (plus Abstieg). Dafür brauchen wir laut Wegweiser 4h. Wir lachen ungläubig. Der „Weg“ über den Grat ist so gut angelegt, dass es ähnlich aussichtsreich wäre einfach die Luftlinie querfeldein zu wählen. Wir brechen ab und steigen zurück ab Richtung Renterabzweigung, um von dort ins Tal zu steigen. Die 2h Schleife schreiben wir auf unser ÖPNV-Konto. Wir werden es heute noch brauchen.

Wer unseren Weg nachwandern möchte, dem empfehle ich die Partie Martelltal bis Rifugio Peller gesamthaft neu zu schneiden. Ggf. hat hier Familie Högner den besseren Wurf gemacht.

Es ist bewölkt, die Laune ist im Keller und es folgt ein Alternativabstieg ins Tal Richtung San Bernado ohne Einkehrmöglichkeit. Ich frage mich, ob das Urlaub ist, warum ich das eigentlich mache und ob ein Abbruch und ein morgen beginnender Badeurlaub nicht die bessere Investition der wertvollen Urlaubstage sei. Ein langweiliger Waldweg führt uns Serpentine um Serpentine abwärts. Irgendwann kommen wir in einem Dörfchen an. Die Häuser und Gärten sind bestens in Schuss, hier und da grüßen Anwohner. Es scheint als seien in diesem Tal viele Ferienwohnungen, in denen einige die Kühle des Bergsommers genießen. An der Hauptstraße angekommen warten wir auf den Bus, der dem Tal nach Terzolas folgt. Es war von unserem Standort am Grat die einzig vernünftige Alternative, auch wenn sie frustriert. Der Busfahrer wirft uns an einem Kreisverkehr an der Haltestelle mitten in den Acker hinaus. Wir laufen durch Apfelplantagen in das kleine Örtchen, das unser Tagesziel ist. In einem steinernen Gasthaus macht uns die Omi des Hauses auf und führt uns in unser Zimmer. Man konnte Themenzimmer buchen. Das größte und teuerste ist von oben bis unten voll mit zu viel römischer Deko, einem Whirlpool und wirkt wie ein Dorfpuff. Ich hab das günstigste gewählt, benannt und eingerichtet nach Pantani, einem „tragischen Helden“ des Radsports, der an einer Überdosis Kokain gestorben ist: bestes Entspannungsomen. Immer, wenn sich die Tür öffnet, leuchtet eine Art Schrein im Boden, in dem ein Zahnrad und ein Bild Pantanis positioniert sind. An den Wänden sind seine besten Schlagzeilen in Kollagen eingerahmt und im Bad hängt das Toilettenpapier an einem Fahrradrahmen. Man hat sich Mühe gegeben in diesem Dorf etwas Besonderes zu bieten. Ein rustikaler Gewölbekeller im Erdgeschoss dient als Restaurant. Er ist über und über voll mit selbstgemachten Likören und Schnäpsen. Ein dicker, schnaubender Herr, optisch irgendwas zwischen Captain Barbossa von Fluch der Karibik, Rainer Calmund und Hans Zimmer bedient uns. Wir entscheiden uns für ein Menü mit Weinbegleitung, in der Hoffnung durch den Wein gut schlafen zu können. Jedes Glas, das sich seinen Weg durch unseren müden Glieder bahnt, lässt den Körper nach Schlaf schreien, sodass die leckere Nachspeise schon fast zur Folter wird. Todmüde fallen wir ins Bett…

Mein Name ist Nela. Ich bin eine freiheitsliebende Entdeckerin, voller Neugierde Neues zu finden, zu sehen, zu versuchen.

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