Die Gewitterpartie am Vortag, sowie die 1700 Höhenmeter hoch und runter, haben uns fast 10 Stunden auf dem Dachboden schlafen lassen, als könnten wir den Schrecken und die Schmerzen wegschlafen. Tatsächlich wundere ich mich, wie wenig Muskelkater ich habe. Das Rennen hat wohl die Muskulatur noch einmal ordentlich durchgeschüttelt und das Adrenalin des Gewitters scheint wie eine Wunderdroge gewirkt zu haben. Dennoch verzichte ich gerne auf eine Wiederholung. Nach einem ausgiebigen Frühstück und einigen Tassen Kaffee raffen wir uns auf und starten in den Tag. Vom Gewitter des Vortags ist keine Spur mehr zu sehen. Die Sonne lacht uns freundlich ins Gesicht, fast ein bisschen reumütig uns gestern abgestraft zu haben. Wir folgen einem Fahrweg und finden schnell unseren Rhythmus. Am Wegesrand steht ein Kreuz das schwarz-humoristische den Abtritt eines 17-Jährigen durch einen Fehltritt in einen zugefrorenen Bach bedenkt und belächelt. Ein schmaler Waldweg führt uns schließlich einige Höhenmeter Richtung Hochebene. Durch die gestrige Höllentour fühlt es sich fast wie ein angenehmer Wochenendspaziergang an. Die Baumgrenze ist schnell erreicht. Eine unbewirtschaftete Alm läd zu einer kleinen Pause ein. Geprägt von den Erfahrungen des Vortrags analysieren wir kritisch die Wolkenkonstellation. Wir nehmen uns Zeit, beobachten, vergleichen mit App-Daten und beschließen schließlich zügig weiterzugehen. Auf der sich anschließenden Hochebene geht es (für unsere Verhältnisse) zu wie am Münchner Stachus. Laut ratschende Italiener sind in alle Richtungen unterwegs. Zwei kleine Seen komplettieren den Vordergrund eines sanften Alpenpanoramas mit 3000ern im Hintergrund. Immer wieder blicken wir zurück in die Geröllkuhle, die uns gestern fast zum Verhängnis geworden wäre. Am Joch sitzen Familien und Schulklassen und genießen die Aussicht. Weit kann die Hütte nicht sein, denken wir uns und ziehen weiter. Ein Pfad quert einige kahle Wiesenhänge und bahnt sich über lange, sich dem Hang anschmiegende Kurven seinen Weg in das Tal hinein. Ein paar rüstige Rentner überholen mich schnellen Schrittes. Ich bleibe gedankenversunken meinem Takt treu. Kurze Zeit später kommen wir am frühen Nachmittag an der Malga di Bordolona di Sopra an, die heute unser Nachtlager sein wird. Ein Schild weist darauf hin, dass man „bei Bedarf in der unteren Malga anrufen“ solle. Durch einen Blick auf die Nummer stelle ich erschrocken fest, dass ich auch unter dieser Nummer reserviert hatte. Die Website ist gehackt, die allgemein verfügbare Nummer funktionierte nicht und so fand ich auf irgendeinen Blog diese Nummer. Wir beschließen anzusteigen zur unteren Alm, die in Sichtweite ist. Wir sinnieren lachend über meinen Text von Tag 12, dass man letzen Endes sich nie auf ein Ankommen einstellen sollte, es könne doch noch ganz anders kommen. Ich bin mir sicher, dass die Zeiten von Kaiserschmarrn und Co. vorbei sind, und setze alles auf eine Polenta-gefüllte Speisekarte. Genau so kommt es: wir essen Polenta, die locker auch im Baumarkt als Moltofill-Spachtelmasse durchgehen würde. Der Apfelstrudel ist dagegen ein Gedicht. Wir erfahren, dass die Übernachtung doch oben sein wird und uns die Almbesitzer wieder hochfahren. So sind wir gehen 18:30Uhr wieder auf der Malga di Bordolona di Sopra und ich beginne die Erfahrungen der letzten Tage zusammenzufassen…
Mein Name ist Nela. Ich bin eine freiheitsliebende Entdeckerin, voller Neugierde Neues zu finden, zu sehen, zu versuchen.