Als ich müde auf dem Beifahrersitz aufwache, trommelt Regen auf die Windschutzscheibe des Autos. Mein Mann Max und ich sind auf dem Weg ins Nirgendwo des französisch-schweizerischen Jura: Porrentruy. Hier, an der Grenze zu Frankreich geht er los, der Trans Swiss Trail. Als wir schließlich ankommen, ist es bereits nachmittags. Der Wettergott meint es gut mit mir und schenkt mir schließlich am Startort ein paar Sonnenstrahlen. Porrentruy ist ein verschlafenes Städtchen mit hübschen Bauwerken, deren französischer Einschlag unverkennbar ist. Ich verabschiede mich vom Max, der seine Schwester besucht, die aus Autofahrerperspektive in der Nähe wohnt. Ich werde ihren Wohnort in ca. 4 Tagen zu Fuß erreichen.
Ich verlasse den Ort vorbei an dem örtlichen Fußballplatz, an einem Waldstück entlang. Nach einiger Zeit stehe ich neben einem Tipi aus Zweigen und zwischen vielen Bäumen, die bunt umstrickt wurden. Der Trend des Guerilla Knittings hat sich mir logisch zwar nie erschlossen, dennoch bereiten die Macher jedem Betrachter eine große Freude durch die Kreativität und Farbenvielfalt. Mir gefällt es... Langsam zieht sich der Weg durch Rapsfelder hindurch die ersten Mittelgebirgshügel hinauf. Die Wälder erinnern mich an den bayerischen Wald. Und wäre nicht Coronazeit, würde ich sagen, im Bayerischen Wald würde aber am Ende des Tages einen wohltuender Saunaaufguss in einem Wellnesshotel auf mich warten. Doch nun ist eine andere Zeit und ich freue mich ungemein auf ein Bett mit Gemeinschaftsbad, so greislig und teuer es auch sein mag. Nach einiger Zeit erreiche ich ein Hochplateau und ich blicke über die sanfte, sattgrüne Hügellandschaft des Juras. Durch grüne Mischwälder hindurch steige ich langsam ab. Der Tag zieht sich und ich hoffe vor Einbruch der Dunkelheit anzukommen. Schließlich erreiche ich St. Ursanne, einen kleinen zauberhaften Ort, der die aktuelle Zeit für Renovierungen zu nutzen scheint. Hotels und Restaurants sind geschlossen, aber trumpfen mit neuen Treppen und Fassaden auf. Am Ende des Orts ist ein Campingplatz, auf dem ich heute übernachte. Er erinnert mich stark an Kajakcampingplätze, deren Zielpublikum (zu dem ich zeitweise auch gehöre) damit zufrieden ist, den müffelnden Neoprenanzug zum Trocknen aufzuhängen, unter einem kalten Rinnsal zu duschen und ein Feuer zu machen. Mein Schlafplatz ist ein ausrangierter Wohnwagen, der kreativ mit einem Dach und einer Verschalung zu einem „Mobilehome“ umgestaltet wurde. Ich mache mir auf meinem Gaskocher eine kleine Mahlzeit und schlafe bald müde und kaputt unter drei Decken ein...