Tag 23: Von Spresiano nach Fossalta di Piave
Wir kaufen zwei Lose. Es ist Volksfest in Fossalta di Piave (also der Ort, wohin wir gerade noch so gekommen sind). Es gibt Fahrräder zu gewinnen. Noch sechs Stück sind da. Wir hoffen und bangen. Sind unsere 2€ gut investiert? Max gewinnt Ballerinasocken in Größe 36-38, ich eigentlich eine Jeansshorts, für die ich trotz Alpenüberquerung zu dick bin. Sie bieten mir stattdessen eine Kochschürze an. Essen und Küche scheint wohl besser zu passen...
Nachdem wir in dem wunderbaren Altbau des Hotel Liberty ein liebevoll bereitetes Frühstück zu uns genommen haben, starten wir den Tag an der Bundesstraße. Die Hotelbesitzerin gibt uns noch Wasser mit (beim Frühstück hatte es schon ein Buffet an verschiedenen Müsliriegeln gegeben) und drückt uns noch schnell zwei Kinderbueno in die Hand. Wir folgen der Bundesstraße ein paar hundert Meter in den Ortskern und biegen in kleinere Straßen ab. Durch Wohnviertel geht es irgendwann durch Felder und Weinreben. Straßen und Feldwege wechseln sich ab. Der Weg ist ganz hübsch, meistens in der ruhigen Natur und bei weitem nicht so greislig wie beschrieben. Es ist flirrend heiß und wir fühlen uns wie Bauarbeiter beim Asphaltieren einer Straße. Wir sind unglaublich langsam, kommen uns aber schnell vor. Trotzdem vergehen Stunden bis wir wieder Ortschaften und weitere Stunden bis wir den Damm erreichen. Auf diesem laufen wir weiter durch die unendliche Weite der Weinreben und Maisfelder. Zwei mal stören eine Autobahnunterführung und eine Autobahnbrücke die Monotonie unserer zehnstündigen Gehmeditation. Rechts - links - rechts - links. Irgendwann sind wir schon da... Wir müssen an unsere Mitwanderer der ersten Woche denken. Diese Ostfriesen würden sich auf diesem Damm bestimmt heimisch fühlen. Nur ein paar Möven und die steife Brise fehlen... Wir dagegen kämpfen mit der Flachlandetappe deutlich mehr als mit den Bergetappen.
Unsere Beine sind inzwischen komplett zerstochen und eine merkwürdige Röte breitet sich aus. Dr. Google diagnostiziert am Abend die sogenannte „Pilgerkrätze“ oder Purpura d‘effort. Gilt pilgern zu Union Lido auch als pilgern? Das Ärzteblatt veröffentlichte dazu einen Artikel. Ich zitiere „Die Beine einer 71-jährigen nach langen anstrengenden Märschen durch Italiens Städte bei großer Hitze“ (1). Ersetze 71 durch 29 und Städte durch Pampa.
Wir werden immer langsamer und sind froh, dass es diese zwei Stöcke gibt, um den müden Körper zu stützen. Kurz vor sieben erreichen wir Fossalta di Piave. Überall stehen Buden und Fahrgeschäfte. Nach unserem Abendessen stürzen wir uns humpelnd ins Leben. Wir genießen auf dem 37m hohen Kettenkarussell den Ausblick auf das kleine Volksfest und sind jetzt schon voller Vorfreude auf die Wiesn. Später kaufen wir erfolglos Lose um Fahrräder zu gewinnen. Wir werden die letzten Kilometer doch laufen müssen...