Es gibt kein Frühstück in unserem Hostel. Der Weg wird heute weit sein. Selbst mit der Integration der Gondel auf den Herzogstand verbleiben 7,5 Stunden Wanderzeit - auf dem Papier - bis Eschenlohe. Ein einziger Bus geht Richtung Urfeld zurück, wo die gestrige Etappe bei Hotelverfügbarkeiten geendet hätte. Wir fahren mit einer Horde Grundschüler von Kochel nach Walchensee. Rosa glitzernde Sandalen, Rucksäcke und Tüllröckchen bilden optisch ein Barbiewunderland. Die quietschige Kinderstimme der Haltestellendurchsage lässt vermuten, dass ausschließlich Kinder diesen Bus nutzen. Sie sind müde und gelangweilt, wie ich, jedoch freue ich mich über den Anblick des Walchensees, was die Kinder wenig zu beeindrucken scheint. Ich kenne das Phänomen, denn ich habe mal in einer Werft am Starnberger See gearbeitet, und irgendwann (leider) den See total ausgeblendet. Es ist, was die Verkäuferin am Königsee meinte: die Offenheit und Achtsamkeit ist im Urlaub höher.
Wir steigen aus und frühstücken im Café des Dorfladens. Im Anschluss gehts zur Herzogstandbahn. Ich kaufe eine Bergfahrt, Max eine Berg- und Talfahrt. Es wird sein 4. und letzter Tag sein. Sein Knie macht nicht mit. Aber Gipfel-Gucken soll ihm vergönnt sein. Von der Bergstation laufen/ humpeln wir zum Gipfel. Unter uns liegen Kochel- und Walchensee und ein Meer aus Berggipfeln.
Es windet extrem. Die Wolken verändern sich mit jeder Minute, bauen sich auf. Eine Unwetterwarnung wurde herausgegeben. Gegen 14:00Uhr soll das Gewitter kommen. Bis dahin müsste ich über den Grat gekommen sein und schon talwärts unterwegs. Doch der starke Wind und die sich verändernden Wolkenformationen gefallen mir nicht. Letztes Jahr stand ich auf 3000m mitten im Gewitter ohne Schutzmöglichkeit - das möchte ich nie wieder erleben. Ich beschließe zu verzichten und es nicht zu riskieren. Diese Etappe läuft mir nicht weg. Ich kann sie als Tagesausflug nachholen.
Wir fahren hinab und machen aus der Niederlage einen Gewinn: wir baden ein paar Stunden im Walchensee und genießen die Sonne.
Schließlich nehmen wir den Bus nach Garmisch, um nicht vom Gewitter erfasst zu werden. Von dort soll es per Bahn weitergehen nach Eschenlohe - doch SEV ist angekündigt. Er kommt aber nicht. Es gibt keine Möglichkeit das Endziel zu erreichen. Was man nicht läuft, das ist irgendwie auch ohne Auto nicht zu erreichen. Ich fühle mich zu Fuß agiler, und flexibler als mit den Öffentlichen.
Die Spontanität spült uns folglich völlig ungeplant nach Garmisch in ein altes Familienhotel, dessen Gemäuer und Gewölbekeller eine beeindruckende Tradition aufweisen. Überrascht wie jung und hipp Garmisch teilweise geworden ist, essen wir im Restaurant 4Eck ein herrliches Menü mit Weinbegleitung. Und so endet ein schöner Tag ganz anders als geplant.