Tag 14: Stans - Seelisberg
Wunderbar hab ich im Stroh geschlafen. Nach 10 Stunden wache ich unter meinen Decken auf. Meine Mütze ist mir vom Kopf gerutscht...
Ich frühstücke und starte Richtung Beckenried. Über leichte Hügel und durch Bauernhöfe gelange ich in den Ort und folge der Hauptstraße. Ein schöner Blumenladen ist das einzige Highlight bis Beckenried. Im Ort kaufe ich mir in der Bäckerei einen beschwipsten Kirschwasserkuchen und einen Kaffee to go. An der Fährstation setze ich mich hin und genieße die Pause. Der Vierwaldstättersee liegt ruhig und gelassen vor mir. Nichts scheint ihn beunruhigen zu können. Kein Boot ist weit und breit zu sehen, bis irgendwann der Ausflugsdampfer kommt. Und so schön der See ist, so irrsinnig ist mein Hauptgedanke. Es scheint in der Schweiz keine Holzgabeln für to go-Ware geben zu müssen und genau deswegen ist der Kuchen so lecker. Während in der EU jeder Salat, jeder Kuchen und jeder Joghurt schmeckt als würde man in ein Ikea IVAR-Regalbrett beißen, schmeckt hier der Kuchen einfach nach Kuchen. Ich inspiziere die Gabel genau und stelle googelnd fest, dass es sich auch um ein patentiertes, biologisch abbaubares Material handelt. Wer hat’s erfunden? Die Schweizer! Man kann Umweltschutz also auch mit Innovationen statt mit Verboten begegnen. Gefällt mir...
Ich laufe weiter, unter einer Autobahnbrücke hindurch zu einer Steilwand, an der Kletterer das Abseilen üben. Steile Stufen führen nun Höhenmeter für Höhenmeter zu einem Wasserfall, der Risletenschlucht. Im Anschluss geht es über weitere Stufen und noch mehr Stufen durch nasses Laub einen Waldweg hinauf. Durch die Bäume hindurch sieht man immer wieder den See durchblitzen... Einige Zeit nach dem Wasserfall bin ich wieder ein paar Stunden allein unterwegs. Der Weg geht durch den Wald bis er, wie aus dem Nichts, auf einer recht neuen Asphaltstraße landet, die nicht genutzt zu sein scheint. Es tröpfelt und die Wolken ziehen düster umher. Auch die Lamas, die auf der Wiese grasen, können mich heute nicht beeindrucken. Irgendwann erreiche ich Seelisberg. Das Hotel ist aus der Zeit gefallen. Schon an der Rezeption jodeln Deko und Musik mir entgegen. Im Zimmer angekommen entdecke ich den grausigsten Duschvorhang, den die Welt zu bieten hat. Seitlich und unten rüscht er sich, wie ein Flamencorock in weiß. In der Badewanne wärme ich mich auf.
Beim Abendessen meint der Hotelchef mit Rudolph Mooshammer-Gedächtnisfrisur sich zu mir setzen zu müssen und mich in Gespräche mit meinen französischsprachigen Nachbarn zu verwickeln. Erstaunt stelle ich fest, dass mein Leistungkursfranzösisch doch noch für Themen von schlecht geklebten Türleisten bei Mercedes-SUVs bis zu Quarantäneverordnungen reicht. Ein Akkordeonspieler spielt dazu Schlager. Als "Highlight" des Abends bekomme ich ein paar Merchandising-Hotelsocken in Größe 45 geschenkt „In Seelisberg ist nicht alles Käse“. Wo bin ich hier gelandet?