Tag 10: Nußdorf am Inn - Fischbachau
Lange habe ich ausgeschlafen. Der Gasthof war herrlich gemütlich. Heute werde ich die verlorene Strecke von gestern wieder aufholen. Und so starte ich in Nußdorf am Inn an der Hauptstraße und folge ihr. Zunächst überquere ich den Inn, später weniger idyllisch die Autobahn.
Weiter gehts auf Asphalt bis zur Talstation der Wendelsteinzahnradbahn. Hier tummeln sich schon einige Touristen und Rentner.
Ich kaufe eine Bergfahrt - und weil ichs mir so richtig gönne - nicht bis zur Mitteralm, sondern bis zur Bergstation. Ob der junge Herr mit Kleinkind hinter mir in der Schlange zu mir gehört, fragt die Verkäuferin. Ich drehe mich um und antworte „noch nicht“. Wir alle lachen und steigen schließlich in die Bahn ein. Mir gegenüber sitzt ein sehr fülliger Herr mittleren Alters mit Fußballumhängetasche. Neben ihm sitzt eine schlanke, recht fitte Frau. Sie sei hier in der Klinik erzählt sie mir und ihr Mann besucht sie fürs Wochenende. Beide zeigen sich beeindruckt von der Zahnradbahn und der Schönheit der bayerischen Berge.
Oben angekommen tummeln sich die Touristen, die mit Seil- und Zahnradbahn gekommen sind. Nach der Stille der letzten Tage ist es mir viel zu voll. Ich verziehe mich in die Wirtsstube und mache die erste Weißbierpause. In bestem Assi-Deutsch wird mir „schöne Frau - schönes Bier“ gebracht.
Nachdem ich „mein Engel“ gezahlt habe, breche ich auf uns laufe zunächst die Serpentinen unterhalb der Gondel hinab. Viele Wanderer sprechen englisch, viele sind mit Leggings und Turnschuhen unterwegs - willkommen im Münchner/ Touristen-Einzugsgebiet. Ich biege ab und folge einem Waldpfad Richtung Fischbachau. Oberhalb sehe ich die beeindruckende Wand des Wendelstein, unterhalb ziehen sich weite Wälder und Almen. Vorbei an einigen privaten Almen geht ein sanfter Fahrweg. Er führt mich nach einiger Zeit zur Kesselalm. Sie thront an einer Hangkante und punktet mit einer Terrasse mit Ausblick. Ich mache eine kurze Pause, genieße eine Buttermilch und ziehe weiter.
Der restliche Weg ist wenig aufregend: es zieht sich in Serpentinen ein Kiesfahrweg durch den Wals ins Tal hinab. Schließlich erreiche ich, zeitgleich wie mein Mann mit dem Bus, Fischbachau. Hier endet meine Einsamkeit, meine Zeit nur mit mir und meiner Gedankenwelt, ganz in meinem Takt. Ich werde mich ein wenig umstellen müssen.
Wir laden unser Gepäck in der Pension an und fahren mit dem Bus zum berühmten Café Winkelstüberl. Hier, so sagt man, schrieb einst Udo Jürgens seinen Hit „aber bitte mit Sahne“. Dicke SUVs reihen sich an schlanke Sportwägen. Der Parkplatz ist voll mit Statussymbolen aller Art. Wir ergatterten einen Platz im Biergarten. Im Gegensatz zu den Transportmitteln der Gäste ist die Karte erstaunlich bezahlbar. Die Auswahl an Tortenstücken erschlägt uns. Ich wähle bayerische Vanillecreme und schon kommt das größte Kuchenstück, das ich je in meinem Leben gegessen habe. Es schmeckt herrlich.
Bei einem Wein lassen wir den Abend ausklingen und planen die nächste, für meinen Mann erste, Etappe zum Tegernsee.